Der Zug fuhr etwas verspätet von Hong Kong ab. Nach gut zwei Stunden, in denen wir Hong Kong, Shenzhen und die Randbezirke von Guangzhou durchquerten kamen wir am Ostbahnhof an. Von hier nahm ich die Metro in Richtung meines Hostels. Nachdem ich mal wieder einige Probleme mit der Wegbeschreibung gelöst hatte, fand ich es direkt an einer Uferpromenade des Pearl Rivers. Neben einigen internationalen Backpackern wohnten hier auch zwei Katzen, deren Lieblingsplatz der Tresen war.
Ich lud mein Zeug im Zimmer ab und machte mich daran, die Gegend um das Hostel etwas zu erkunden und etwas zu Essen zu finden. An der Uferstraße gab es einige Clubs, vor denen Kellnerinnen Spalier standen und jeden Gast mit einer Verbeugung begrüßten. Eine der Seitenstraßen war ein beliebter Street Food Treffpunkt. Außerdem gab es Piers für Ausflugs- (oder Party-) dampfer und jede Menge andere Vergnügungsmöglichkeiten.
Am nächsten Tag machte ich mich auf zum Sightseeing in Guangzhou. Ich fuhr zu einem Park, in dem ich auch schon vor zehn Jahren mit dem Austausch war. Hier steht das Wahrzeichen von Guangzhou, eine Statue die fünf Ziegen darstellt. Diese Ziegen haben etwas mit der Gründungsgeschichte von Guangzhou zu tun, leider erinnere ich mich nicht mehr was genau. Außerdem ist in einer Pagode das Guangzhou Museum untergebracht, das tatsächlich spannend eingerichtet und informativ ist.
Gegenüber des großen Parks gab es noch einen Orchideen Garten, der mit allen möglichen Blumen und Bäumen in der Blüte schön anzusehen war.
Zum Mittagessen gab es gebratene Nudeln. Beim Bestellen musste ich hilflos auf Bilder zeigen, da die Kantonesen mit meinem (schlechten) Mandarin nichts anfangen konnten. Danach lief ich in die Stadt und schaute mir dort eine Kirche an, die die Franzosen hier gebaut hatten. Die Kirche gab ein China wirklich ungewöhnliches Bild ab.
Zu guter Letzt lief ich noch Shamian Island. Dort waren früher die Häuser der fremden Handelsvertretungen untergebracht. Guangzhou war einer der wenigen Häfen, in denen Ausländer mit China Handel betreiben durften. Erst nach zwei Opiumkriegen wurden andere Häfen zwangsgeöffnet. Shamian Island hat immer noch kolonialen Charakter und es ist ein guter Punkt um der hektischem Innenstadt zu entkommen.
Zum Abendessen traf ich mich dann mit meiner Mutter an der Austauschschule, die etwas außerhalb und eine lange Metrofahrt außerhalb des Stadtkerns liegt. Für den nächsten Tag hatte ich mir den Canton Tower vorgenommen. Bis vor einem Jahr war er der höchste Fernsehturm der Welt, wurde aber vom neuen Turm in Tokyo abgelöst. Außerdem wurde nach kurzer Zeit die Antenne um zehn Meter eingefahren, um die Luftraumsicherheit über Guangzhou zu gewährleisten. Mit 600 Metern ist er aber trotzdem noch imposant hoch. Zuerst fuhr ich auf die erste verglaste Aussichsplattform auf 428 Metern.
Da ich einen spendablen Tag hatte gönnte ich mir noch die Plattform auf 488 Meter. Leider gab es an dem Tag viel Smog und die Sicht war nicht so gut. Etwas unter Plattform fuhren noch kleine Kapseln um den Tower herum, in die sich wagemutige und zahlwillige Leute hineinsetzen konnten.
Von der Plattform hatte ich eine gute Sicht auf die Insel, auf der meine Austauschschule von 2002 liegt. Nachdem ich wieder unten im Tower angekommen war, machte ich mich also auf die Socken und lief zur Insel, um die Schule zu suchen. Orientierungspunkt war die Concert Hall, an die ich mich noch erinnerte.
Und tatsächlich stand ich nach einer Stunde Suche vor den Toren der Guangzhou Middle School No. 109. Viel verändert hatte sich nicht, abgesehen davon dass die Gebäude etwas abgenutzter aussahen.
Lange blieb ich nicht, da ich mich noch einmal mit meiner Mutter traf. Wir fuhren nach Shamian Island um dort noch einen Kaffee zu trinken. Dann ging es auch schon wieder zurück zur Schule, da wir dort bei einem der chinesischen Lehrer zum Abendessen eingeladen waren. Das Essen hörte relativ schnell auf, als einer der deutschen Schüler anrief. Es ging ihm nicht gut und er wollte (Sonntagabends) zu einem Arzt gebracht werden. Die Essensgesellschaft setzte sich also in einen Minibus und brach zur Krankenfahrt auf, ich wurde an der nächsten Metrostation abgesetzt. Wieder im Hostel angekommen ging ich bald schlafen. Um meine nun doch nicht stattfindenden Vorlesungen am nächsten Tag besuchen zu können hatte ich den ersten Flug am Morgen zurück nach Nanjing gebucht. Um halb sechs saß ich also im Taxi zum Flughafen und war um neun wieder in Nanjing.
Hier stellte ich fest, dass sich meine Faulheit beim Bezahlen der Stromrechnung gerächt hatte und mir der Saft abgedreht worden war. Das Büro bei dem ich bezahlen konnte, hatte aufgrund der Feiertage selbstverständlich zu. Man kann zwar auch mit der Campuskarte zahlen, um diese aufzuladen hätte ich aber zu einem anderen Büro gemusst das auch zu hatte. Ein nepalesischer Freund konnte mir helfen, da er seine Karte über sein Bankkonto aufladen konnte. Ziemlich müde, aber immerhin wieder mit Strom ging ich dann früh schlafen.